Das Therapiekonzept nach Prof. Dr. H. Dyckerhoff baute auf der Erkenntnis auf, dass Alterungsprozesse und Verschleißerscheinungen, also die sogenannten degenerativen Prozesse, auf zellulärer Ebene häufig in einer dauerhaft gestörten Proteinsynthese zum Ausdruck kommen. Unter der „Proteinsynthese“ versteht man die Bildung von Eiweißen in der Zelle. Diese Proteine sind die Motoren unseres Stoffwechsels und ermöglichen als Enzyme gezielte chemische Reaktionen. Der Aufbau und Abbau aller benötigten Substanzen erfolgt durch diese Enzyme in der gesunden Zelle bedarfsgerecht, und die dafür notwendige Energie wird ebenfalls durch Enzyme erzeugt.
Proteine können aber noch viel mehr: Sie bilden das Gerüst (Zytoskelett), das Zellen ihre Form und Stabilität gibt und auch mikroskopisch kleine Fasern, an denen andere Substanzen, wie auf Schienen, an Ihren Zielort in der Zelle gelangen können. Die Bewegung unserer Muskeln erfolgt durch Proteine (Aktin und Myosin), die bei der Muskelkontraktion geordnet aneinander entlanggleiten und dabei die Muskelzellen verkürzen. Auch das gesamte Informationssystem zwischen den Zellen wird durch Proteine getragen und im Blut und anderen Körperflüssigkeiten findet man sie in Form von Antikörpern, die ein wesentlicher Bestandteil unseres Immunsystems sind.
Auch die Eiweiße selbst befinden sich im ständigen Auf - und Abbau. Die für den Aufbau der Eiweiße erforderlichen Baupläne liegen im Zellkern jeder Körperzelle auf der DNA (Desoxyribonucleinsäure) als genetische Information gut geschützt im Zellkern. Abschriften dieser Baupläne können in Form der Ribonucleinsäuren (RNA) an jede Stelle der Zelle gelangen und den Aufbau der benötigten Proteine starten. Grundlegende Informationen zum Verständnis dieser Zusammenhänge finden Sie im Abschnitt Grundlagen der Eiweißsynthese der Zelle. Jede Störung dieses Zellstoffwechsels führt zu vorzeitigen Alterungsprozessen, oft begleitet von einem Verlust körpereigener Nucleinsäuren und Proteine.
Als Prof. Dyckerhoff sein Therapiekonzept in den 50iger Jahren entwickelte, waren die Zusammenhänge von Genen, Ribonucleinsäuren und Eiweißen gerade bekannt. Prof. Dyckerhoff hat erstmals 1954 in Vorträgen seine Überlegungen zur Ribonucleinsäure und deren Notwendigkeit für die Bildung von Eiweiß in den Körperzellen erläutert.
„Es besteht kein Zweifel, daß in jedem Gewebe hochspezifische, strukturell verschiedene Ribonukleinsäuren (RNS) die Synthese der zellspezifischen Proteine steuern. Dafür haben Arbeiten vorwiegend amerikanischer und deutscher Forscher im letzten halben Jahrzehnt überzeugende Beweise erbracht. Die Technik bestand meist darin, daß lebenden Geweben, vielfach auch Einzellern, mit Isotopen markierte Aminosäuren angeboten wurden, deren Einbau in Proteine dann nachgewiesen wurde (Incorporation). Wenn zelleigene RNS durch das Ferment Ribonuklease zerstört wurde, fand kein Einbau statt. Neue RNS, gewonnen aus dem gleichen Zellmaterial, stellte die eiweißsynthetisierende Kraft wieder her, während RNS aus anderen Geweben wirkungslos blieb. Damit war auch die hochspezifische Wirkung der verschiedenen RNS erwiesen."
Seine Idee war folglich, dass man Ribonucleinsäuren aus gesundem Gewebe isolieren und damit den Stoffwechsel der Eiweiße in degeneriertem Gewebe verbessern kann. So isolierte er Ribonucleinsäuren aus unterschiedlichen Geweben vom Rind und aus Hefe. Diese wurden entwickelt, um Injektionskuren bei Patienten mit degenerativen Erkrankungen durchzuführen. Heute wissen wir, dass diese extrahierten Wirkstoffe vor allem kurzkettige Ribonucleinsäuren enthalten, auch sogenannte microRNA. Diese Vielzahl von heute bekannten microRNA Molekülen ist beim Vergleich unterschiedlicher Säugetiere mit dem Menschen sehr ähnlich oder sogar nicht zu unterscheiden.
Die erste Publikation mit Daten aus der klinischen Anwendung, die in der anerkannten Datenbank „Medline“ gelistet ist, stammt aus dem Jahr 1957. Prof. Dr. med. Rietschel berichtet in der Zeitschrift „Medizinische Klinik“ über 49 behandelte Patienten mit unterschiedlichen chronischen, degenerativen Erkrankungen. Eine Übersicht über weitere therapeutische Erfahrungen wurde erstmals im Jahr 1995 in deutscher Sprache veröffentlicht (Becker et. al., 1995). Im Jahr 2015 wurde in englischer Sprache die jüngste doppelblind Placebo-kontrollierte Studie bei Patienten mit Kniegelenksarthrose veröffentlicht, mit einem Rückblick auf weitere relevante Studien zu unterschiedlichen chronisch degenerativen Erkrankungen (Stommel et al., 2015).
Hier erhalten Sie Grundlegende Informationen der Zusammenhänge der Eiweißsynthese der Zelle
In unserem Verzeichnis sind Therapeuten gelistet, die Erfahrungen mit dem Therapiekonzept nach Prof. Dyckerhoff haben.
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Becker S, Schühlein S, Meyer W (1995) Ribonukleinsäuren – Theorie und Therapie. J Orthomolek Med 3:83–106
Dyckerhoff H. (1958) Über die Synthese von Eiweiß im Organismus durch Ribonukleinsäuren, pp.1029-31; (Medline: PMID: 13565233)
Rietschel HG. (1957) Über die Wirkung der Regeneresen, Med. Klin., pp 2080-1; (Medline: PMID: 13493022)
Stommel G, Schühlein S, Schühlein KH, Rainsford KD (2015) Therapeutic Effects of Ribunucleinate (Ribonucleotides) in Immuno-Inflammatory and Arthritic Diseases in Progress in Drug Research, Vol. 70, K. D. Rainsford et al. (Eds): Novel Natural Products: Therapeutic Effects in Pain, Arthritis and Gastro-intestinal Diseases, pp 35-89; 978-3-0348-0926-9; (Medline:PMID: 26462364)